Lady Marmelade | Blanka Milfait | domácí marmeláda, Slunečná kavárna

Lady Marmelade

Zveřejněno před 7 lety

Im Böhmerwald kocht Blanka Milfaitová die besten Fruchtaufstriche* der Welt. Selbst die Queen isst diese zum Frühstück. Ein Besuch in der Mikro-Manufaktur *Laut deutscher Konfitürenverordnung und EU-Vorschriften dürfen nur Brotaufstriche aus Zitrusfrüchten Marmelade heißen

Die Idee der Manufaktur nimmt Blanka Milfaitová wörtlich: Absolut alles ist Handarbeit

Eine goldprämierte Manufaktur stellt man sich doch glamouröser vor. Oder wenigstens schnuckeliger, mit einer Prise Folklore. Aber in dem Dörfchen Srní mitten im Böhmerwald steht hinter der Kirche an der Hauptstraße ein unverputztes Haus mit blechernem Garagentor und losen Elektroleitungen, die wie Efeu die Fassade emporkriechen.

Eine Holztreppe führt auf die kleine Terrasse. Fünf Tische mit roten Plastikstühlen, ein paar Sonnenschirme und eine kleine Tafel, auf der mit Kreide auf Tschechisch das Angebot mitgeteilt wird: Kaffee. Hausgemachte Kuchen. Die beste Marmelade der Welt. Punkt, so steht es da - und Blanka Milfaitová wundert sich, dass man mehr Pomp erwartet hätte, mehr Chi-Chi. Jedenfalls mehr Marketing für das Beste der Welt.

„Ich mag keine Werbung“, sagt sie und zuckt nur mit den Schultern. „Mehr Kundschaft würde meine Kapazitäten sprengen oder die Qualität beeinträchtigen.“ Und Blankas Qualitätsanspruch - das sind eben sieben Goldmedaillen für die beste Marmelade der Welt, dazu noch etliches in Silber und Bronze, die ihr bei dem renommierten englischenWettbewerb „The World's Original Marmalade Awards“ in Dalemain in der Grafschaft Cumbria verliehen wurden. Bei der etwas skurrilen, doch hochseriösen Veranstaltung bewerten Juroren jedes Jahr mehrere Tausend Produkte aus Dutzenden Ländern. Prinz Charles lässt sich regelmäßig bei der Verkostung blicken. Der Dalemain-Award gilt als der Oscar der Branche.

Blanka erhielt dort 2013 Goldund Doppelgold für ihre Orange mit Bourbon Whiskey und Vanille. 2014 für die Zitrone mit Champagner, für Süßorange mit Schokolade, für Zitrone mit Birne. Und für Grapefruit mit Kardamom. Sie hat acht Sorten Marmelade eingesandt und insgesamt acht verschiedene Medaillen gewonnen. 2013 siegte sie auch beim „Great Taste Award“, einem anderen Gourmet-Wettbewerb, bei dem 400 internationale Verkoster über Monate das Beste vom Besten herauspicken.

Was ist nur ihr Geheimnis? „Ich habe keines“, meint sie. Freimütig veröffentlicht sie ihre Rezeptezum Nachkochen, lässt sich in den Kupfertopf blicken, in dem sie die Früchte rührt. „Ich liebe einfach gutes Essen. Und ich will, dass die Dinge, die ich tue, immer ehrlich und unverfälscht sind.“

Wenn Blanka Marmelade kostet, möchte sie, dass die Früchte darin wie frisch geerntet schmecken. Deshalb kommen bei ihr nur die süßesten und knackigsten in den Topf. Darüber etwas Zucker, wegen seiner konservierenden Wirkung, aber nur ganz wenig. Und etwas Pektin, damit das Ganze geliert. Zwei, drei Minuten aufkochen, dann ab in die Gläser.

Später, auf einer Bank im Garten, knüpft sie Bastschleifchen mit Etiketten dran. Denn die Idee der Manufaktur versteht Blanka wörtlich - bei ihr ist alles Handarbeit: das Säubern, Zerkleinern, Rühren, Abfüllen, Beschriften. Hoch konzentriert, immer akribisch genau.

Wöchentlich kocht die 38-Jährige in ihrer Normalo-Einbauküche etwa 2000 Gläser Marmelade ein: aus Erdbeeren, Aprikosen, Blaubeeren, Kirschen. Im Winter sind Orangen und Zitronen oder auch mal Kürbisseund rote Zwiebeln an der Reihe.

Das Glas, je nach Größe, kostet drei bis sechs Euro. Das ist recht teuer in Tschechien, trotzdem verkauft Blanka restlos alles. Sobald ihr kleines Café um zwölf Uhr aufmacht, bildet sich auf der Holztreppe schlagartig eine Schlange; sie löst sich erst auf, wenn das Geschäft um 18 Uhr schließt. Niemand verlässt den Laden ohne die braune Papiertüte, in der die eingeweckten Köstlichkeiten stecken. Niemand geht ohne ein seliges Lächeln.

Vor sechs Jahren noch arbeitete die Mathematikerin als Büroangestellte in Pilsen: feste Arbeitszeiten, gutes Einkommen, sichere Stelle. Sie litt. „Mein Leben war stabil, aber eintönig, ich war so unglücklich“, erzählt sie. Sie kündigte, zog hinaus ins Nirgendwo, richtete das alte Haus etwas her und eröffnete ein eigenes kleines Café - der Traum vieler Aussteiger.

Doch gleich nachdem Blanka die ersten Goldmedaillen für ihre Homemade-Marmelade gewann, schwappte ein Nachfrage-Tsunami über diese herein. Von überall wurden plötzlich ihre Gläschen geordert. Aus dem böhmischen Srní, das erstaunlicherweise überhaupt ein Postamt hat, verschickte sie Pakete nach Übersee. Belieferte die englische Queen und den tschechischen Staatspräsidenten, verkaufte im LondonerNobelkaufhaus Fortnum & Mason und in Food-Edelboutiquen in Paris, Rom und Zürich.

Rund um die Uhrmusste sie Nachschub herstellen, wurde nebenbei zum TV-Star und hätte ihren Hausfrauenherd im Café-Hinterzimmer gegen eine moderne Marmeladenfabrik mit Sponsor tauschen können - bis sie eines Tages feststellte, dass sie so nun gar nicht das Leben lebt, für das sie kurz zuvor alles aufgegeben hatte.

„Ich wollte meine Freiheit zurück.“ So einfach klingt die Erklärung für Blankas nächsten Anti-Karriere-Schritt. Über Nacht stoppte sie nämlich alle lukrativen Bestellungen, kappte alle Geschäftsverbindungen und sagte alle Aufträge ab. Ihre weltberühmte Marmelade bekommt man seitdem nur an einem Ort in der Welt: in ihrem kleinen Café in Srní, im dichtesten Böhmerwald.

Die Marmeladenkönigin genoss den Befreiungsschlag. Mit Mann, Baby und Einmachglasvorräten startete sie eine Expedition im Wohnmobil, immer der Sonneund den reifen Früchten entgegen. Zuerst in San Marino, wo sie aus Kakis eine Traumkonfitüre kochte. Dann waren die Orangen am Ätna dran. Die Quitten in Portugal. In der Türkeifand sie reife Feigen. Zusammen mit Berbern kochte sie in MarokkoMinibananen ein. Als sie nach Finnlandkam, wurde gerade der Holundersüß.

Die gefüllten Gläser schickte sie in ihr Café - falls ihr nicht unterwegs alles direkt aus ihrer Feldküche abgekauft wurde.

Als sie auf den Tag genau ein Jahr später nach Hause in Srní zurückkehrte, hatte sie 42 Länder auf drei Kontinenten besucht und 100 000 Kilometer auf dem Tacho. Das Baby hatte laufen gelernt. Und Blanka brachte ein fertiges Buchmanuskript mit: über ihren doppelten Ausstieg, ihre Rezepte und wie man es schafft, sich selbst treu zu bleiben. Es wurde ein Bestseller.

Seitdem ist Blanka eine tschechische Celebrity. Aber lieber als im Café Autogramme zu geben, reist sie weiter durch die Welt, entdeckt Neues und kocht ein. Im Herbst erscheint ihr zweites Buch, über die Insel-Expedition, die sie auf Sansibar begann und dann über Malta, Polynesien bis zu den Shetlands auf 17 Eilanden fortsetzte.

Mit ihrer Art von Slow Food möchte sie gegen die Lebensmittelgiganten kämpfen, die kleine Produzenten vernichten und mindere Qualität verscherbeln.

Und dann erwähnt sie im Nebensatz etwas, das vielleicht doch das Geheimnis ihres märchenhaften Erfolges birgt: Ihre Gläschen, sagt Blanka, fülle sie nicht nur mit den besten Früchten. Sie steckt auch immer ihre ganze Leidenschaft und ihre Lebensfreude mit hinein.

Die Lieblingsmarmelade der Queen 1 kg Bio-Orangen, 10 Min. mit Wasser bedeckt köcheln, abgießen, wiederholen, dann halb mit Wasser bedeckt 2 Stunden köcheln. Kochsud auffangen. Orangen von Kernen befreien, in feine Streifen schneiden, mit dem Kochwasser auf 1 kg Masse auffüllen. 250 g weißen Zucker und 50 ml Zitronensaft hinzufügen, erhitzen. Weitere 250 g Zucker mit 15 g Pektin mischen, zur heißen Masse hinzufügen, 3 Min. sprudelnd kochen. 350 g beste 70-prozentige Schokolade (Porcelana von Amedei) in Stückchen unterrühren. In Gläser füllen, 20 Min. im Backofen bei 80 Grad sterilisieren, ein paar Tage durchziehen lassen. Schlemmen.

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